Aus dem Leben von Lutz Lehmann
Für Lutz Lehmann begann der Erdenweg in einer Zeit in der Deutschland gegen Polen, Frankreich, England und letztlich auch gegen Russland im Krieg war. Wir schreiben 24. August 1941 Glasow am Stadtrand südlich von Berlin.
Hier wuchs Lutz wohlbehütet in einer Siedlung als Einzelkind auf. Unterbrochen wurde diese Zeit durch die Evakuierung in den Spreewald wegen der englischen und amerikanischen Luftangriffe auf Berlin von 1943 bis Jan. 1945.
Der Vater war ihm Vorbild und in seiner Geborgenheit bekam Lutz viel Liebe, Pflege und Freude an Freundschaften, Pflichtgefühl und Fürsorglichkeit mit auf den Lebensweg. Die Mutter behütete ihn und war auf sein Wohlergehen bedacht. Es wurde im Garten gewerkelt, geerntet, gekocht und eingeweckt. Dabei das Spiel mit anderen Siedlungskindern in der angrenzenden Natur nicht vernachlässigt – z.T. noch sehr gefährlich wegen umherliegenden Kriegsgerätschaften.
Mit 7 Jahren erfolgte der Schuleintritt. Bedingt durch seine rasche Auffassungsgabe wurde ein Schuljahr übersprungen. Inzwischen hatte Lutz auch ein Fahrrad, so dass es ein leichtes war, die Welt im größeren Umkreis zu entdecken.
Durch die Scheidung der Eltern 1954 und dem Umzug der Mutter in 1956 nach Westberlin, erlebt er als Jüngster einige Jahre in einem Schülerheim in Berlin-Zehlendorf und absolviert 1958 die Mittlere Reife.
Bei der BfA = Bundesanstalt für Angestellte beginnt Lutz die Ausbildung als Verwaltungslehrling. Nach abgelegter Prüfung zum Verwaltungsinspektor, muss er als Angestellter aus einem großen Amt in ein kleineres wechseln, so dass er 1963 für ein Jahr nach Bad Oldesloe kommt, um anschließend nach Elmshorn zum Arbeitsamt versetzt zu werden.
Hier lernt er seine Marianne kennen, sie heiraten am 1. 4. 1966 und Dörthe erblickt 1968 das Licht der Welt.
Lutz wird beamtet und 1969 als Oberinspektor zieht die Familie nach Kiel; es folgen weiter Beförderungen am Landesarbeitsamt und es entsteht eine glückliche und erfüllte Zeit.
1973 wird Lutz als Lehrkraft in die Verwaltungsschule nach Aalen - für 5 Jahre begrenzt - versetzt. Aufgrund dessen richtete sich die Familie - jetzt mit Tochter Diana - nur provisorisch ein. Marianne aus Königsberg gebürtig, hatte es besonders schwer. Lutz war Verwaltungsoberamtsrat. Es hätte der Rückzug nach Kiel erfolgen sollen, aber es erinnerte sich niemand mehr an die Abmachung und Lutz wird vom Dienst suspendiert.
Mit 42 Jahren geht nun ein unglaublicher Kinderwunsch für einen aus dem Beamtenverhältnis Ausscheidenden in Erfüllung: Führerschein für große LKW und danach Beginn bei der Spedition SEWALD in Donauwörth, die bekannt war auch für Spezialtransporte. Im Verlauf der Zeit und mit rasanter Zunahme der Verkehrswege war der Standort aber nicht mehr akzeptabel und musste 1997 die Niederlassung eingestellt werden. Mit einem recht großzügigen Sozialplan an dessen Zustandekommen Lutz als Betriebsrat beteiligt war, wurde er mit 56 Jahren in den Vorruhestand versetzt.
Wir können uns nicht vorstellen, dass Lutz die Hände in den Schoß legt. Bereits als kleiner Junge neugierig und interessiert, liest er, dass der DCC = Deutscher Camping Club ein Fahrtleiterehepaar für Gemeinschaftsfahrten sucht. Lutz ist sofort begeistert, während Marianne – schließlich ist sie Ostpreußin – drei Wochen zum JA braucht.
1998 beginnt gleich mit 2 Reisen, die damals noch vorbereitet wurden mit Literatur aus der Bücherei und Vorreisen. So entstanden:
1998 Ungarn / Rumänien;
Polen mit Masuren und Besuch in Königsberg
1999 Loire – Bretagne – Normandie;
Deutschland einmal anders
2000 Rund um die Ostsee; England – Wales.
2001 Istrien – Dalmatien - Plittwitzer Seen;
Rund um die Ostsee (wegen großer Nachfrage)
2002 Slowakei - Ungarn - Rumänien;
Indian Summer mit finn., norw., schwed.
Lappland mit Nordkap
2003 Frühling in Südfrankreich;
Norwegen (für HymerCard);
Baltikum – St. Petersburg mit Eisenbahn nach
Moskau – mit Schiff nach St. Petersburg –
Baltikum – Masuren.
2004 Sizilien; Island (für HymerCard);
Rumänien – Bulgarien – Nordgriechenland
2005 Friaul – Venezien; Baltikum;
Kanada (letzte DCC Tour).
Es erfolgt ein gewaltiger Einschnitt im Leben von Marianne und Lutz. Denn sie kämpfte gegen den Krebs, der bereits 2000 festgestellt worden war.
Obwohl sie alle gesundheitlichen Situationen gemeinsam beschlossen und
fast jede Gemeinschaftsfahrt mit gestaltet hat, suchte Marianne kurz vor ihrem Tod die schützende Hülle von Lutz auf. Die Kinder begleiteten sie nach Abano Therme und so ging sie in den Armen ihres Mannes am 11.5.2005 in Venedig von der Erdenwelt. Lutz hat sehr gelitten und die anstehenden 2 Reisen allein durchgeführt.
2006 – ein neues Jahr beginnt und wir begegneten uns wieder, nachdem ich 2000 die Erste und danach noch weitere Gemeinschaftsfahrten mit beiden erlebt hatte.
Mit viel Zeit und Muße bereisten wir über Österreich, Slowakei, Polen, Ukraine
Russland – mit dem Ziel Moskau und Goldener Ring. Wir waren fasziniert von den Schönheiten des Landes und den Menschen. Zurück gekommen folgten 2 Gemeinschaftsfahrten nach Island. Ich persönlich war anschließend noch in SEKEM tätig und als Lutz zur Jahreswende kam und wir gemeinsam Oberägypten bereisten, kehrten wir im Jan. 2007 nach Deutschland zurück.
Für „andere Anbieter“ führten wir bis 2009 Gemeinschaftsfahrten durch, bis wir uns 2010 selbständig machten und nun
Reisen mit Lutz und Heidrun
waren. Inzwischen brauchte man Dank Internet keine Rinne mehr in die Büchereien zu treten. Es entwickelten sich Fahrten in Länder, die uns interessierten und selten wiederholt wurden:
2010 Pyrenäen; Island; Indian Summer mit russ. Karelien
2011 Sizilien und Malta; Pyrenäen; Island
2012 Baltikum; Island; Norwegen
2013 Portugal; Island; Rumänien
2014 Belgien und Nordfrankreich, Island, Süditalien
2015 Weichsel; Island; Karelien
2016 Elbe; Island; Irland
2017 Sizilien und Malta; Moskau und Goldner Ring; Schweden
2018 Loire, Bretagne und ein Hauch Paris; Rund um die Ostsee
2019 Albanien; Schweden (für EURA Club);
Baikalsee – Altay – Kasachstan = private Reise
2020 vorgesehen Norwegen/Schweden unter Kreuzung der Gebirge
dies kam wegen Corona nicht zustande und daher nur
Norwegen Straße 17 und die Telemark.
Inzwischen haben wir unsere Reisetätigkeit mit Gruppenfahrten eingestellt und uns abgemeldet.
Lutz und ich hatten gemeinsam glückliche Jahre. Eigentlich wollten wir gemeinsam noch 80 Jahre werden.
Beim Rückblick hätte eine „ 4. Karriere“ für Lutz begonnen, die ihm versagt wurde, wobei er begann sich stark für die SPD zu interessieren. Dabei wirkte er im Gedenken an seine Mutter, die bis 1947 mit der Zwangsvereinigung von KPD und SPD die politische Bühne verließ.
Wir lebten und arbeiteten zusammen, obwohl meine Welt einmal eine andere war (geprägt durch anthroposophische Tätigkeit) ließ es sich Lutz nicht nehmen, alles innerhalb dieses Bereichs kritisch aufzunehmen aber auch zu verinnerlichen. In diesem Sinne hatte sich Lutz schon mal auf eine neue Reise begeben.
Für ihn sind Wünsche in Erfüllung gegangen: kein Krankenlager und neben seiner Frau Marianne in Aalen zu liegen.
Mit unendlicher Verwunderung habe ich wahrnehmen können, wie der Tod eines Menschen zu einem weit in das Umfeld reichenden Schicksalsnetz werden kann.
In stiller Trauer und tiefen herzinniglichen Gedenken
Heidrun Cornely
11. 5. 2021